Marken & Modelle 29.12.2020 (Archiv)
Jeep Renegade 4xe im Test
Nachdem Jeep statt grobschlächtiger Offroad-Riesen auch smarte und zarte City-SUVs im Angebot hat, schien der Schritt zur Elektrifizierung der Marke nur klein. Jetzt ist der erste Plug-in-Hybrid da, der Renegade 4xe.Der nur 4,24 Meter kurze, dafür aber 1,72 Meter hohe Renegade ist ein typischer Jeep, und das nicht nur wegen der sieben Schlitze am nahezu senkrecht stehenden Kühlergrill, der versteckten „Easter-Eggs“ oder der Huldigung des rechten Winkels bis in die Radläufe hinein. Er kann auch Gelände, da er über zwei angetriebene Achsen, ein sperrbares Mittendifferenzial und Getriebe-Untersetzung verfügt. Von anderen Offroadern unterscheidet ihn lediglich die Tatsache, dass die Hinterachse von einem Elektromotor angetrieben wird.
Vorn verrichtet ein 1,3 Liter großer Benziner seinen Dienst, der wahlweise mit 130 PS (95 kW) oder 180 PS (133 kW) zu haben ist. Die E-Maschine leistet 60 PS (44 kW). Die Topmotorisierung stellt eine Systemleistung von 240 PS (177 kW) zur Verfügung. Der Stromvorrat der zwischen den Achsen platzierten Hochvolt-Lithiumionen-Batterie beträgt 11,4 Kilowattstunden (kWh) und soll laut Hersteller für 50 abgasfreie Kilometer reichen.
Der Renegade wurde von uns an der Haushaltssteckdose aufgeladen. Das Bordsystem meldete bei kompletter Batteriefüllung stets 50 Kilometer elektrischen Aktionsradius, mehr als 42 Kilometer waren uns aber bei keiner der Ausfahrten möglich. Dieses Maximum wurde unter Verzicht auf Tempi über 100 km/h, auf Klimatisierung, Radio und Scheinwerfer-Einsatz, also tagsüber erreicht. Sind diese Stromverbraucher im Einsatz, kann sich der Benzinmotor auch schon nach 35 Kilometern einschalten.
Der Tankinhalt ist dann für etwas mehr als 500 Kilometer gut, ausgehend von einem reinen Benzinverbrauch von um die sieben Liter je 100 Kilometer. Der Grund: Um Platz für den Leistungsakku zu schaffen, wurde der Spritbehälter auf 36,5 Liter Volumen verkleinert. Über eine Strecke von rund 500 Testkilometern, die etwa zu gleichen Teilen rein elektrisch und unter Zuhilfenahme des Verbrenners absolviert wurden, lag der Testverbrauch am Ende bei 4,6 Litern je 100 Kilometer. Der Strom-Konsum beträgt bei entspannter Fahrweise zwischen 20 und 23 kWh je 100 Kilometer.
Dass der Renegade 4xe trotz seiner Nominal-Leistung von 240 PS (177 kW) als nicht übermäßig temperamentvoll wahrgenommen wird, hat seine Ursache nicht nur in dem vergleichsweise hohen Gewicht von 1845 Kilogramm. Die zupackende Spontaneität, die Plug-in-Hybride aufgrund des unmittelbar verfügbaren Drehmoments der Elektromotoren entwickeln können, geht ihm ab. Dabei ist der Jeep mit 270 Newtonmetern aus dem Verbrenner und 250 Nm aus der E-Maschine gar nicht mal so schlecht ausgestattet. Doch Wünsche nach vehementen Zwischenspurts werden eher zurückhaltend quittiert, beim Hochdrehen des Vierzylinders scheint es, als sei für die Kraftübertragung ein CVT-Getriebe am Werk. Tatsächlich handelt es sich um eine Sechs-Gang-Automatik.
In der Praxis offenbart der Renegade 4xe an mindestens zwei Stellen Optimierungspotenzial. Das Zusammenwirken von Benzin- und Elektromotor geht nicht immer so geschmeidig vonstatten, wie es wünschenswert wäre. Der elektronische Abstimmungsbedarf manifestiert sich in häufigem Ruckeln beim Zuschalten des Frontmotors. Für Modellpflege-Maßnahmen empfiehlt sich außerdem die Verteilung verschiedener Bedienelemente im Cockpit. Weit unten in der Nähe des Getriebehebels sind die Schalter für die Fahrmodi und die Erhöhung der Rekuperationsleistung angebracht. Im Sichtfeld von Fahrer oder Fahrerin wären sie besser aufgehoben.
Lobenswert ist dagegen, dass Jeep nicht von dem markenkonformen Prinzip abwich, auch dem kleinen Einsteigermodell ernst zu nehmende Geländetauglichkeit mitzugeben. Verglichen mit der vom gleichen Motor bewegten Frontantriebs-Version stehen 25 Millimeter mehr Bodenfreiheit zur Verfügung, ein entsprechend erhöhter Böschungs- und Rampenwinkel sowie die bereits erwähnte Getriebe-Untersetzung. Gebremst können 1150 Kilogramm auf den Haken genommen werden.
Sieht man einmal von den Schaltern für den E-Betrieb sowie den Info-Displays über Energiefluss und Verbrauch ab, blieb die Fahrgastzelle in der bekannten, etwas rustikal möblierten Form erhalten. Passagier- und Laderaum erlitten durch die Elektrifizierung keine Einbußen, sieht man einmal von dem um 20 Liter geminderten Gepäckvolumen ab. Die Kabinenbreite beträgt für Front- und Fond-Passagiere jeweils 1,41 Meter, allerdings fällt die Beinfreiheit auf der Rückbank bescheiden aus. Die Ladekante liegt auf 78 Zentimetern, beim Umlegen der rückwärtigen Lehnen ruhen sie etwa fünf Zentimeter tiefer als der Ladeboden des Gepäckraumes.
In der „S“-Version verfügt der Renegade 4xe ab Werk über LED-Scheinwerfer, Parkassistent für Längs- und Quertaschen, Sitzheizung und beheizbares Lenkrad, Totwinkel-und Spurhalte-Assistent, Navigationssystem mit 8,4-Zoll-Touchscreen, 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Licht- und Regensensor sowie Tempomat und Zentralverriegelung.
Fazit: Wie eine rustikale Geländewagen-Attitüde und emissionsfreier Fahrbetrieb miteinander harmonieren können, zeigt der Jeep Renegade 4xe auf verblüffende Weise. Als Schönling auf dem Boulevard hat er zwar wenig Talent, jedoch wird er als vielseitiger Fünftürer im multifunktionalen Einsatz auch jene Innenstädte erreichen, die künftig zur Schadstoffminderung zeitweise gesperrt werden könnten. Dass er doppelt so viel kostet wie das günstigste Modell der Baureihe steht auf einem anderen Blatt.
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