Branche 14.09.2009 (Archiv)
Nike-Kurve bei Zulieferern
Swoosh nennt Nike seine Kurve im Logo, swoosh wird es für einige Autozulieferer machen, wenn sie am glatten Parkett der Krise ausrutschen und sich nicht mehr erfangen.Die Kurve stand Pate für die Lage der Autozulieferer insbesondere in und für Deutschland. Steil geht es erst bergab, dann folgt ein langer, beschwerlicher Aufstieg zurück zur Normalität. Und erst der erste Teil davon ist gegangen worden.
In einer kürzlich in
Zusammenarbeit mit Management Engineers erstellten Studie, in der die
100 weltgrößten Autozulieferer untersucht werden, zeichnet
Automobilexperte Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive an der
FHDW in Bergisch Gladbach, ein düsteres Bild für die
Zulieferer-Industrie. Bereits 40 Betriebe dieser Branche sind im Laufe
des Jahres in die Insolvenz geschlittert, bis Jahresende könnte sich
diese Zahl nochmals verdoppeln. Selbst Branchenprimus Bosch schreibt
erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs Verluste. Den Anbietern steht
eine Zeit der Auslese bevor, die durch die zunehmend an Bedeutung
gewinnende Entwicklung umweltschonender Antriebe und den damit
verbundenen hohen Kapitalaufwand nochmals an Intensität gewinnen dürfte.
'Wir rechnen mit einem Nike-Verlauf in der Autokonjunktur', sagt Heinz
K. Junker, Chef bei Mahle, der Nummer drei auf dem
deutschen Zulieferer-Markt. Man werde bei Mahle versuchen, die
Kosten um 20 Prozent zu senken. Zwar gibt man sich bei Bosch noch
bedeckt, was Sparpläne angeht, Experten gehen jedoch davon aus, dass
auch dort eine Verschärfung des Sparkurses notwendig wird. 'Im Zweifel
müssen definitiv mehr als weniger Kapazitäten abgebaut werden', sagt
Autoexperte Bratzel. Trotz der Kapitalstärke großer Zulieferer werde
Kurzarbeit allein auf Dauer kein Rettungsanker sein. Man müsse mit einem
Personalabbau von zehn bis 15 Prozent rechnen, stellt er in seiner
Studie fest. 'Der gröbste Abbau dürfte bis 2011 abgeschlossen sein. In
Deutschland wird diese Entwicklung durch die Verlängerung der Kurzarbeit
verzögert', sagt Bratzel im Gespräch mit pressetext. Einen leichten
Aufschwung könne es zwar bereits 2010 geben, dieser werde jedoch
einerseits langsam verlaufen, andererseits dauert es auch, bis sich die
positive Entwicklung am Arbeitsmarkt bemerkbar macht.
'Kurzarbeit wirkt derzeit wie Valium-Tabletten', sagt Junker. Das
Problem der Überkapazitäten sei ein strukturelles. Bis die Absatzzahlen
von 2007 wieder erreicht werden, könne es noch fünf, sechs Jahre dauern.
Für das laufende Jahr rechnet der Mahle-Chef damit, dass weltweit sogar
noch weniger Autos als erwartet abgesetzt werden. Waren die Prognosen
zuletzt schon von 66 auf 57 Mio. verkaufte Fahrzeuge gesenkt worden,
rechnet der Insider nun mit rund 52 Mio. verkaufen Fahrzeugen. 'Die
wichtigsten Zulieferer weltweit haben im ersten Halbjahr im Schnitt
Einbußen von 30 Prozent verzeichnet', so Bratzel. Am Jahresende rechnet
der Fachmann mindestens mit einem Minus von 25 Prozent. Das kann auf
Dauer nicht spurlos an der Zuliefererbranche, einem Industriezweig mit
allein in Deutschland rund 1.000 Unternehmen und fast 330.000
Beschäftigten, vorbeigehen. 'Wir sprechen hier von einer Größenordnung
von 30.000 bis 50.000 Arbeitsplätzen, die gefährdet sind. Es hat zwar
schon ein Stellenabbau stattgefunden, aber das schlimmste steht leider
noch bevor', sagt Bratzel.
Wegen der in wirtschaftlich besseren Zeiten erwirtschafteten Reserven -
Bosch beispielsweise hatte seit Ende des Zweiten Weltkriegs bis 2009 in
keinem Jahr Verluste gemacht - dürften viele große deutsche Zulieferer
das laufende Jahr noch halbwegs überstehen. Kommen aber
selbstverschuldete Probleme wie bei Continental hinzu, kann es schon kritischer werden. Die
Nummer zwei am deutschen Markt muss neben ohnehin wegen der Krise
notwendiger Sparmaßnahmen auch noch einen Schuldenberg von zehn Mrd.
Euro abbauen. Für die üblicherweise in spritsparenden Motoren verbauten
Turbolader fehlt ein Konzept. Der Bereich Motoren und Getriebe sei einem
Bericht des Handelsblatts zufolge nicht profitabel und das Verhältnis zu
den Kunden soll angeschlagen sein. Konkurrent Bosch hatte Continentals
Schwäche bereits dazu genutzt, eine Reihe strategisch wichtiger Projekte
abzufischen. Automobil-Fachmann Bratzel sieht einen der Hauptgründe für
die derzeit schlechte Verfassung von Continental in der Übernahme von
VDO. 'Man muss schnell aus der Überschuldung raus und
Integrationsprobleme bei VDO lösen - dann wäre Continental für die
Zukunft gut aufgestellt', sagt Bratzel
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